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Erfolgsgeschichte Multaka:

Gemeinsamen Wurzeln auf der Spur

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Das Flüchtlingsprojekt Multaka, 2016 von Land der Ideen als „Ausgezeichneter Ort“ prämiert, bietet erfolgreich Integrationsmöglichkeiten in und über Berliner Museen. Wir waren vor Ort im Museum für Islamische Kunst und haben mit Museumsdirektor Prof. Dr. Stefan Weber und den Projektkoordinatoren darüber gesprochen, welchen Beitrag Multaka für die Integration leistet und welchen Auftrag Museen heute generell besitzen.

Es ist Freitagmittag um 12 Uhr, und der Besucherstrom in das Pergamon Museum reißt nicht ab. Mitten in der Eingangshalle sind wir verabredet mit Museumsdirektor Prof. Dr. Stefan Weber und den beiden Multaka-Koordinatoren und Guides Hussam Zahim Mohammed und Salma Jreige. Auf der Suche nach einem geeigneten Ort für unser Interview gehen wir durch die Ausstellungsräume. Weber wechselt gut gelaunt einige Worte mit den Museumsangestellten, bleibt bei einem Kindermalworkshop stehen und begutachtet die gemalten Bilder. Er, der „Papa“ des Museums. Wenig später haben wir direkt vor der 1.300 Jahre alten Mschatta-Fassade den richtigen Platz für unser Interview gefunden.

Weber hat Islamwissenschaften mit dem Schwerpunkt Islamische Kunstgeschichte studiert und ist seit 2009 Museumsdirektor des Museums für Islamische Kunst. Im Laufe der Migrationsbewegung im Sommer 2015 stellte er sich zusammen mit seinen Kollegen die Frage: „Was können die Menschen tun, die gut ausgebildet sind, aber hier erstmal in der sozialen Leiter ganz unten stehen und sich alles neu aufbauen müssen?“ Eine Antwort war bald gefunden: „Multaka“.

„Multaka: Treffpunkt Museum – Geflüchtete als Guides in Berliner Museen“ ist ein Kooperationsprojekt des Vorderasiatischen Museums, des Museums für Islamische Kunst, der Skulpturensammlung und des Museums für Byzantinische Kunst sowie des Deutschen Historischen Museums. Es wurde im Dezember 2015 ins Leben gerufen und bildet Syrer und Iraker zu Museums-Guides aus, die andere Geflüchtete kostenlos auf Arabisch durch die Berliner Museen führen.

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Während der Führungen durch die beteiligten Einrichtungen liegt der Fokus auf historischen und kulturellen Zusammenhängen zwischen Deutschland, Syrien und dem Irak, sodass die Besucher im Austausch über ihre alte Heimat zu aktiven Teilnehmern der Tour werden. „Wenn sich jemand geschätzt fühlt, also mit einbezogen und nicht ausgegrenzt wird, kann man ihn viel leichter in die Gesellschaft eingliedern“, beschreibt Weber seinen Integrationsauftrag. Ziel sei es, einen kulturellen und sozialen Sammelpunkt zu gestalten. Dabei überrascht es nicht, dass Multaka ins Deutsche übersetzt „Treffpunkt“ heißt.

Doch Multaka ist viel mehr als das. Denn es basiert auf einer sehr viel grundlegenderen Konzeption von Integration und kultureller Identität. So wollen die Museen – speziell das Museum für Islamische Kunst – deutlich machen, dass „keine Kultur vom Himmel gefallen ist“, so Weber. Die Kulturen des christlichen sowie islamischen Orients und Deutschlands haben sich immer gegenseitig beeinflusst. Davon erzählen die Exponate. „Die Objekte sind Träger von Migration“, erklärt Weber. Es zeigt sich deutlich, dass schablonenhafte Kategorien, wie das „Wir“ und „Ihr“, nicht ausreichen, da alle Menschen „hybride Wesen“ sind. „Wahrheiten sind nicht einfach, sondern vielfältig“, stellt Weber fest, und die Museen versuchen, genau dies zu vermitteln.

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Dieser Auffasung entsprechend, nehmen die Wissenschaftler ihre Deutungshoheit zurück und geben den Guides von Multaka die Möglichkeit, ihre Führung individuell zu gestalten – fern von reinen Daten und Fakten. So können die Guides sich bestimmte Exponate selbst aussuchen und diese mit ihrer eigenen Geschichte verbinden. Auf diese Weise treffen die Guides „die Lebenswirklichkeit, die die Geflüchteten selbst kannten“.

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Wenn Menschen, die alles verloren haben, eine Aufgabe bekommen und zur Mitgestaltung animiert werden, dann wird nicht nur Teilhabe ermöglicht, die für die Demokratie so notwendig ist, sondern gleichzeitig auch das Selbstwertgefühl der Geflüchteten gefördert. Weber erklärt: „Wenn man hier von Anfang an mehr Raum lässt, dann tut das unseren Museen gut. Damit können wir etwas schaffen, was eine große Aufgabe ist, und – was uns sehr schwer fällt – die Vergangenheit präsent zu machen.“

Zwei von ihnen, die beiden Koordinatoren des Projektes und selbst auch Guides, stehen nun vor unserer Kamera. Hussam, der über eine Anzeige an der Freien Universität Berlin auf das Projekt gestoßen ist, erzählt, dass Multaka ihm ermöglichte seinen Traum zu erfüllen, aktiver Teil der Gesellschaft zu sein. Auch Salma freut sich, dass sie nun ein Ziel vor Augen hat: „Jeder Mensch hat eine Botschaft zu liefern“, erklärt sie. Multaka gebe ihr die Möglichkeit, mithilfe der Ausstellungsexponate ihre Botschaft zu vermitteln.

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Nach dem Interview führt uns Hussam durch die weiteren Räume des Museums, bleibt hier und da stehen und zeigt uns die beeindruckenden Zeugnisse vergangener Zeiten. Man merkt ihm die Freude an, sein Wissen weiterzugeben und von seinen Erfahrungen zu erzählen. Gemeinsam verlassen wir schließlich, bepackt mit vielen Eindrücken, das Museum und verstehen, dass Multaka ein wirkliches Vorbildprojekt für Integration in unserem Land ist.

Das Projekt wurde zum Bundessieger 2016 in der Kategorie Kultur im Wettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ gekürt.

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